Monday, November 12, 2012

140 years ago - a devastating storm surge in the Baltic Sea

Das Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht erinnert an die schwerste Sturmflut am 13. November 1872 in der westlichen Ostsee, und erinnert daran, daß diese Gefahr weiterhin besteht und zukünftig vermutlich erhöht sein wird. Ein neues Instrument zeigt an, welche Gebiete bei welcher Sturmfluthöhe geschützt werden müssen.

Die Ostsee-Sturmflut

vom 13. November 1872

Webseite informiert über Küstenschutzbedarf heute und in Zukunft


"Bewohner, die heute an der deutschen Ostseeküste leben, haben noch nie solch eine schwere Sturmflut erlebt wie ihre Vorfahren vor 140 Jahren am 12. / 13. November 1872. – Glücklicherweise, denn heute ist das etwa 1700 Quadratkilometer große Gebiet an der Ostseeküste, das vor solch hohen Wasserständen geschützt werden muss, mit rund 1,7 Millionen Einwohnern viel dichter besiedelt und stärker genutzt als damals. Auch in Zeiten des Klimawandels ist es jedoch unerlässlich, dass Bewohner, Investoren und Politiker ein realistisches Gefahrenbewusstsein bezüglich Sturmfluten haben. Denn bis Ende des Jahrhunderts könnte eine Sturmflut, wie die vom 13. November 1872 vor allem durch den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg höher auflaufen. So könnte der Küstenschutzbedarf an der deutschen Ostseeküste bis Ende des Jahrhunderts um etwa 25 Prozent zunehmen. Auf einer Webseite zeigt das Norddeutsche Klimabüro am Helmholtz-Zentrum Geesthacht jetzt, welche Gebiete an der deutschen Ostseeküste heute vor Sturmfluten geschützt werden und welche Ende des Jahrhunderts vor möglicherweise höheren Sturmfluten geschützt werden müssten: www.kuestenschutzbedarf.de."

9 comments:

Anonymous said...

Ein unwissender Binnenlandbewohner hat ein wahrscheinlich dumme Frage:

Was ist heutiger Standard beim Küstenschutz? Nimmt man den größten je gemessenen Wert als Richtwert, an dem man die Höhe der Dämme dann ausrichtet? Oder den größten Wert plus eine festgelegte Sicherheitsmarge? Oder etwas ganz anderes?

Wird das durch Bundes- oder Ländergesetze geregelt oder entscheidet jede Nordseekommune selbst über ihren Küstenschutz?

Viele Grüße aus dem Binnenland, bei mir wird's erst ernst, wenn der Kölner Dom 100m unter Wasser steht ;-)

Andreas

RainerS said...

Mir war diese Sturmflut völlig unbekannt - danke für die Info.
Was man sicher daraus lernen kann ist, wenigstens für die geschichtlich verbürgten (und einigermaßen quantifizierbaren) Fälle gerüstet zu sein. Wenn ich mich recht erinnere, gab es auch in Japan bekannte Hinweise auf extreme Tsunamis in den letzten ca. 1000 Jahren. Hätte man diese bspw. in Fukushima Daiichi berücksichtigt wäre es dort vielleicht glimpflicher abgegangen.

Wie sieht es an der deutschen Ostseeküste bzgl. postglazialer Landhebung/-senkung aus? Oder ist das im Gegensatz zur Nordsee hier unerheblich?

P.S.: Als Bewohner einer Region, in der man in alle relevanten Richtungen mindestens 700 km bis zum Meer fahren muss, finde ich geeignete Deichanlagen selbst an mittleren Flüsschen wichtig. Von denen kann man auch bei uns nasse Füsse bekommen, auch wenn man nicht mit dem SUV um den Block fährt :-)

RainerS said...

...und noch herzlichen Glückwunsch zu dem auch kommunikativ und didaktisch gelungenen Beitrag. Eine latente Relativierung "gab´s früher schon" wird elegant mit "könnte zukünftig noch schlimmer kommen" verbunden. Damit müssten also eigentlich alle Klimazwiebel-Leser zufrieden sein :-)

Anonymous said...

Hallo,

"So könnte der Küstenschutzbedarf an der deutschen Ostseeküste bis Ende des Jahrhunderts um etwa 25 Prozent zunehmen."

Um wieviel Prozent hat der Küstenschutzbedarf an der deutschen Ostseeküste von 1872 bis heute zugenommen?

Und im letzten Jahrhundert, hat da kein ähnliches "Jahrhundertereignis" stattgefunden?

MfG
Yeph

Helmut Erb said...

Vor einem halben Jahr hat das HZG an die Flutkatastrophe von 1962 erinnert. Rund 100 Jahre lang hatte zuvor niemand auf die Gefahr einer großen Flut an der Elbe hingewiesen. Erst nach der Flut wurden Maßnahmen ergriffen. Neue, wesentlich höhere Deiche wurden gebaut. Nun mahnen die Küstenforscher, der Klimawandel könne neue Bedrohungen bringen.

Heute wird an die Ostseeflut erinnert und dabei auf zusätzliche Gefahren durch den Klimawandel hingewiesen. Vorträge werden gehalten, Ausstellungen ziehen durchs Land.

Eine Sturmflut wie 1872 könnte auch ohne den Anstieg des Meeresspiegels erneut geschehen. Jederzeit. Trotzdem wurden seit 1872 keine Warnungen durch Küstenforscher vorgetragen, die zu wirksamen Maßnahmen geführt hätten. Eckernförde hat keine Vorkehrungen getroffen.

Hätte das HZG auch ohne Klimawandel an die Sturmflut erinnert - einfach so?
Befaßt sich die Küstenforschung überhaupt mit Themen außerhalb des Klimawandels?

Hans von Storch said...

zu #4 antwortet uns das Norddeutsche Klimabüro:

"Zu Frage 1: Die Wasserstandsdaten der vom BSH nachgerechneten Sturmflut vom 13. November 1872, die wir für unsere Auswertung zum Küstenschutzbedarf verwendet haben, sind bzgl. des Meeresspiegelanstiegs auf heute normiert worden. Das bedeutet, es wurde so getan, als ob die Wetterlage von damals auf den heutigen Mittelwasserstand trifft. Dieser ist in der südwestlichen Ostssee im letzten Jahrhundert etwa 10 bis 15 cm angestiegen. Was das bezüglich des Küstenschutzbedarfes ausgemacht hat, haben wir bisher nicht berechnet.

Zu Frage 2: Nein, seit 1872 hat bisher kein ähnliches Ereignis mehr stattgefunden."

Anonymous said...

@Herr Von Storch

Vielen Dank für die schnellen Antworten.

Es wird also wohl noch sehr lange dauern bis Klimapanik durch Klimaschutz ersetzt werden wird. Wir sehen ja hier sehr schön dass es immer noch das Wetter ist, das die Katastrophen hervorruft.

In 100 Jahren mag das anders sein, aber direkt erfahren wird man das bis dahin dann auch wohl kaum.

Gegen konsequenten Klimaschutz ist nichts einzuwenden. Ob der aber anhand von einer immer mehr als lästig empfundenen Klimadramatik erreicht wird, wage ich zu bezweifeln.

Gingen wir von einer Wahrscheinlichkeit von einem solchen Ereignis in 200 Jahren aus, wäre dies jedenfalls bei weitem bedrohlicher als ein vermeintlicher Moteoreinschlag irgendwo auf der Erde in einem Zeitraum von 200 Jahren.

Wie bedrohlich aber ist eine Wirtschaftskriese wie die in Griechenland oder die immer noch sehr verbreitete Atombombe?

Ich frage mich ob wir überhaupt fähig sind globale Gefahren korrekt einzuschätzen.

Viele Menschen leben quietschvergnügt in Erdbebengebieten, wo die statistische Wahrscheinlichkeit einer weit verheerenderen Katastrophe weit höher eingeschätzt wird.

Diesen Blogbeitrag finde ich sehr wichtig. Wo bleiben die politisch korrekten Marktschreier wenn es um echte Vorbeugungsmassnahmen geht? Passt wohl nicht so recht ins ideologische Gedankengut?!

MfG
Yeph

Anonymous said...

Immerhin scheint es in Deutschland und drumrum so etwas wie Anpassung und Küstenschutz zu geben.

Was ich an Sandy besonders bemerkenswert fand:
Die USA, das führende Land im Klimaskeptizismus, hat riesige Defizite auch in Sachen Anpassung. Strom oberirdisch über Leitungen an Holzpfählen, von Küstenschutz war bei Sandy wenig zu sehen (und das war ein Hurricane der niedrigsten Stufe, wenn überhaupt).

Ich wage mal die These, dass Anpassungsmaßnahmen in Gesellschaften leichter durchzusetzen sind, die auch die Gefahren des anthropogenen Klimawandels berücksichtigen.

Caveat:
Wer hilft den armen Ländern, denen die Mittel zur Anpassung fehlen? Woher weht der heftigste Wind gegen Transferzahlungen, z.B. über den Klimafonds?

So einfach ist es bei näherem Hinsehen dann nicht mehr, Yeph.

Andreas

SHader said...

Hallo Andreas, Du schreibst:

"Immerhin scheint es in Deutschland und drumrum so etwas wie Anpassung und Küstenschutz zu geben."

Was auch vermutlich einiges gekostet hat. Ob jedes Land dazu bereit und fähig ist, das zeigt sich u.a. auch am nächsten Beispiel:

"Was ich an Sandy besonders bemerkenswert fand:
Die USA, das führende Land im Klimaskeptizismus, hat riesige Defizite auch in Sachen Anpassung. Strom oberirdisch über Leitungen an Holzpfählen, von Küstenschutz war bei Sandy wenig zu sehen (und das war ein Hurricane der niedrigsten Stufe, wenn überhaupt)."


Volle Zustimmung! Überall oberirdische Stromleitungen, die eher an das erinnern, was wir mal vor 50 Jahren hierzulande hatten. Ich weiss nicht, aber ich würde mal folgende These in den Raum stellen, dass die USA sich so wenig auf den ganz normalen "Naturwahnsinn" einstellt, scheint zum großen Teil aus einem kulturellen Phänomen zu resultieren. Ein Land wieder komplett neu aufzubauen wird eher mit positiven Assoziationen verbunden, als ein bestehendes Land zu schützen. Denn Infrastrukturen vor Naturgewalten zu schützen macht diese kurzfristig teurer und man ist nur selten bereit, dieses Geld auszugeben.

Aber man kann auch noch ein anderes exemplarisches Beispiel nennen, wo es allerdings nicht am Willen, sondern an den Mittel fehlt. Derselbe Sturm Sandy hat in Haiti, wenn ich es noch richtig in Erinnerung habe, ein Drittel(!) der diesjährigen Ernte vernichtet. Rein numerisch ist der Schaden in den USA höher, aber die Auswirkungen in Haiti deutlich gravierender. Was können solche Länder gegen den ganz normalen "Naturwahnsinn" wie Erdbeben und Stürme tun?


"Ich wage mal die These, dass Anpassungsmaßnahmen in Gesellschaften leichter durchzusetzen sind, die auch die Gefahren des anthropogenen Klimawandels berücksichtigen."

Das kann durchaus sein. Aber selbst vor dem Bewusstwerden des anthropogenen Klimawandels gab es unterschiedliche Bemühungen sich gegebenen Naturgewalten anzupassen.

Gruss
S.Hader